Rede

Rede von Premierminister Boris Johnson, 4. Februar 2020, Science Museum London

Premierminister Boris Johnson eröffnet den COP 26 Climate Summit.

COP 26 Glasgow

Guten Morgen zusammen, Premierminister Giuseppe Conte, Sir David, meine Damen und Herren,

ich freue mich, Sie heute hier begrüßen zu dürfen, zu Beginn eines – wie ich hoffe – entscheidenden Jahres für unser Land, und natürlich für unseren Planeten, um Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen und um unsere Natur zu schützen.

Als ich vor vielen Jahren als Kind das Science Museum besuchte, wie Sie alle sicher auch, gab es hier ein sehr sonderbares Ausstellungsstück – das leider jetzt nicht mehr hier zu sein scheint – ich glaube, es wurde für Reparaturarbeiten nach Yorkshire oder irgendwo anders hingeschickt.

Es handelt sich dabei um ein recht sonderbares Fahrgestell; es sieht ein bisschen aus wie die Art von Wagen, in dem Madame Bovary in Paris unterwegs gewesen sein könnte.

Nur dass dieser Wagen nicht von Pferden gezogen wurde – sehen Sie es vor Ihrem inneren Auge? – es war ein elektrisches Taxi – das erste seiner Art weltweit – und wurde im Jahr 1897 von einem unbesungenen Helden namens Walter Bersey erfunden.

Wie viele von uns in diesem Raum war Walter Bersey ganz verrückt nach elektrischen Fahrzeugen. Er entwarf einen elektrischen Bus, der 4000 Meilen zurücklegte, damals im Jahr 1895. Er stellte eine Reihe elektrischer Transporter her, und eben 75 dieser Taxis. Sie waren beliebt und komfortabel, mit Samt ausgekleidet und praktisch, denn sie konnten in Sekundenschnelle abbiegen, sie erfüllten alle Vorschriften von Transport for London und sie schafften es den Savoy Hill hinauf, den steilsten Anstieg im Zentrum von London.

Doch die Tragödie für Bersey und die Tragödie für die Menschheit war, dass er sich entmutigen ließ,

denn er verlor gegen die Skeptiker,

und gegen jene, die seine Ideen für technisch unmöglich hielten.

Zunächst musste er ein Bußgeld zahlen, weil er zu schnell war – seine Fahrzeuge erreichten eine Geschwindigkeit von fast 20 km/h – und dann musste er zahlen, weil er die Parliament Street hinunterfuhr, ohne einen Burschen mit einer roten Fahne vorn, wie es damals vorgeschrieben war.

Und, zugegeben, im Laufe der Zeit traten einige kleinere technische Schwierigkeiten auf.

Auf seine wunderbaren Glasbatterien, die gerade einmal zwei Tonnen wogen, war nicht immer Verlass, die Reifen gaben unter der Belastung nach,

und schließlich fielen Berseys elektrische Taxis – so schön und so bequem sie auch waren – einer wachsenden feindseligen Flüsterkampagne derer zum Opfer, die der alten Technik nachhingen; die Stallburschen und Kutscher und all jene, die mit Pferdekutschen zu tun hatten.

Und letztlich nahte für Bersey rasch das Ende, er gab auf, und schloss, dass das Unterfangen unmöglich sei.

Sein Unternehmen wurde abgewickelt und er gab sich 1899 dem Verbrennungsmotor geschlagen.

Und somit war seines das letzte elektrische Taxi auf den Straßen Londons, für mehr als ein Jahrhundert, um genau zu sein 110 Jahre lang,

bis ein gewisser Visionär und Bürgermeister Londons 2008 eine Kampagne startete. Und heutzutage sehen Sie die Taxis überall auf Londons Straßen – oder zumindest Hybridfahrzeuge,

und wenn Sie an Berseys Taxi zurückdenken, ist es unmöglich, nicht in Pathos zu verfallen.

Es ist, als hätte die Menschheit vor 110 Jahren – beziehungsweise vor 120 Jahren – an einer Wegkreuzung gestanden und den falschen Weg eingeschlagen.

Und sehen Sie sich an, was in dem Jahrhundert seit Berseys Scheitern passiert ist.

Wir haben eine katastrophale Zeit durchlebt, in der die globale Abhängigkeit von Kohlenwasserstoffen komplett außer Kontrolle geraten ist.

Wir haben zusammen so viel CO2 in die Atmosphäre gepumpt, dass unser ganzer Planet in eine Art CO2-Teewärmer gepackt ist.

Die Menge an CO2 ist heute so hoch wie seit 3 Millionen Jahren nicht mehr, als es noch Bäume in der Antarktis gab.

Seit der Niederlage von Berseys elektrischem Taxi ist die Temperatur auf der Erde um ein Grad angestiegen und es wird nun vorhergesagt, dass es um drei Grad wärmer werden wird, wenn wir nicht dringend handeln.

Während Wirbelstürme und Buschfeuer wüten, die Polarkappen schmelzen und die Ozeane versauern wird eines ganz deutlich: die Beweislage ist überwältigend und der Klimawandel fordert seine Opfer. Die Folgen der globalen Erwärmung betreffen vor allem die ärmsten Menschen auf unserem Planeten. Deshalb hat sich das Vereinigte Königreich verpflichtet, 11,6 Milliarden GBP zu investieren, um den Klimawandel zu bekämpfen und weltweit Klimainitiativen zu finanzieren.

Und wir alle wissen – ich freue mich, dass so viele heute hier sind – ich glaube, wir wissen alle, dass wir als Land, als Gesellschaft, als Erdenbewohner und als Teil der Fauna jetzt handeln müssen.

In Großbritannien werden wir alles tun, um unsere chinesischen Freunde bei der Konferenz zur Biodiversität zu unterstützen, die im Herbst dieses Jahres stattfinden wird. Ich halte es für sehr wichtig, dass beide Konferenzen miteinander verbunden sind und wir uns bezüglich der Agenda austauschen.

Denn wir müssen den weiteren Verlust von Lebensraum und Artenvielfalt aufhalten.

Nur indem wir den Schaden in der Natur beheben und das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur wiederherstellen – das so grotesk aus den Fugen geraten ist – können wir den Klimawandel bewältigen.

Natürlich müssen wir uns gleichzeitig mit unseren CO2-Emissionen auseinandersetzen.

Darum hat Großbritannien dazu aufgefordert, so schnell wie möglich klimaneutral zu werden.

Wir fordern jedes Land auf, glaubwürdige Ziele auf dem Weg zur Klimaneutralität zu setzen. Das wollen wir in Glasgow erreichen.

Und darum haben wir uns hier in Großbritannien verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden.

Wir sind die erste große Volkswirtschaft, die sich diesem Ziel verpflichtet hat und ich bin überzeugt, dass wir das Richtige tun.

Ich halte es für besonders angebracht, da wir schließlich auch die erste Industrienation waren. Schauen Sie sich die Emissionen in der Geschichte Großbritanniens an.

Wir haben gegenüber unserem Planeten die Verantwortung, bei diesem Thema ein Vorbild zu sein.

Es mag Menschen in unserem Land geben – nicht zwangsläufig im Finanzministerium – und andere auf der ganzen Welt, die sagen,

natürlich ist es teuer, natürlich ist es schwierig, es wird viel Einfallsreichtum und Veränderung und konkrete Maßnahmen erfordern. Einige werden sagen, dass es unmöglich sei und nicht umsetzbar.

Und meine Botschaft an Sie alle, hier und heute, ist: Wer so etwas behauptet, liegt falsch.

Schauen Sie sich an, was unser Land seit 1990 geleistet hat – die CO2-Emissionen sind um 42 Prozent gesunken, während gleichzeitig das BIP um 73 Prozent angestiegen ist.

Das haben wir mit purer Entschlossenheit und technologischem Optimismus erreicht.

1990 wurden 70 Prozent des Stroms in unserem Land aus Kohle erzeugt.

Heute beträgt der Anteil nur noch 3 Prozent – und wir möchten ihn bis 2024 auf null reduzieren.

Weil wir nämlich in der Lage dazu sind, weil unser Land an der Spitze der Revolution im Bereich erneuerbare Energien steht, und im Übrigen dient dies unserer nationalen Agenda, unser Land zu einen und zu fördern.

Denn vor allem Teile Nord- und Nordostenglands sind Vorreiter im Bereich erneuerbare Energien.

Die weltweit größten Offshore-Windturbinen werden am Humber gebaut, an den Ufern des Tees werden Pionierleistungen bei der Kohlenstoffspeicherung erbracht, jedes fünfte in Europa verkaufte Elektrofahrzeug wird an den Ufern des Flusses Wear hergestellt. Verstehen Sie, was ich meine?

Allen, die an Walter Bersey gezweifelt haben, sage ich: Wer zuletzt lacht, lacht am besten; denn Berseys Grundidee hat letztlich triumphiert, nicht wahr?

Was man damals für unmöglich hielt, stellt sich heute als die Lösung heraus.

Selbst die Luftfahrtindustrie hat sich nun verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden.

Wir stehen am Abgrund, aber ich bin überzeugt, dass in einigen Jahren ein elektrisches Passagierflugzeug möglich sein wird.

Wir werden es schaffen, wir werden es schaffen.

Und damit endet die tragische Geschichte vom elektrischen Taxi, an die ich heute erinnern wollte. Es ist nicht so, dass Walter Bersey falsch gelegen hätte. Denn das stimmt nicht.

Es war falsch, dass er an sich zweifelte.

Und die Skeptiker liegen falsch, wenn sie das prometheische Genie der Menschheit anzweifeln, die Probleme unserer Zeit lösen zu können.

Wir werden sie lösen und ich hoffe, dass wir alle, die wir auf diesem Planeten leben, als Gemeinschaft der Völker, Klimaneutralität erreichen können, wie gesagt, innerhalb einiger Jahrzehnte.

Wir werden es bis 2050 schaffen, wir gehen mit gutem Beispiel voran. Ich hoffe, dass uns alle auf diesem Weg begleiten werden.

Lassen Sie uns mit Giuseppe zusammenarbeiten, mit unseren italienischen Freunden, damit die COP26 ein Erfolg wird, ein voller Erfolg für unser Land und unseren Planeten.

Und lassen Sie uns dieses Jahr zu einem Jahr machen, in dem wir unseren Mut und unsere technologische Ambition bündeln um den menschengemachten Klimawandel zu bewältigen und unseren Kindern und Enkeln eine saubere und grünere Zukunft zu ermöglichen.

Veröffentlicht am 4 February 2020