Rede

Pressekonferenz von Premierminister Cameron und Bundeskanzlerin Merkel

Premierminister David Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel sprachen über die EU-Reform, Ukraine und Nordirland.

Veröffentlicht wurde dies unter der 2010 to 2015 Conservative and Liberal Democrat coalition government

Premierminister Cameron

Guten Tag und willkommen! Ich freue mich sehr, dass ich Angela heute wieder in Downing Street begrüßen darf. Wir haben gerade beim Mittagessen einige sehr gute Gespräche geführt. Wir sind beide Politiker der rechten Mitte und beide entschlossen, unserer Bevölkerung eine bessere Zukunft zu geben, indem wir unsere Volkswirtschaften stärker, wettbewerbsfähiger, offener und flexibler machen. Und hierfür wollen wir zusammenarbeiten.

Unsere Handelsbeziehung wächst gerade so schnell wie kaum eine andere in der Welt, und die deutschen Unternehmen investieren im Moment mehr in Großbritannien als sonstwo in Europa. Das ist eine Win-Win-Beziehung; deutsche Unternehmen beschäftigen hier in Großbritannien zirka 400.000 Arbeitnehmer, und 1.000 britische Firmen in Deutschland ungefähr 200.000. Jeder fünfte BMW-Motor wird inzwischen in Großbritannien gebaut – ich weiß nicht, ob der BMW, mit dem Sie hier in der Downing Street vorgefahren sind, einen hatte, aber ich hoffe es – und wir exportieren jetzt wieder hochwertige Autos.

Wir möchten auch unsere Zusammenarbeit in anderen Bereichen ausbauen, von Forschung und Entwicklung bis hin zum Hochtechnologiesektor. In ein paar Wochen werden wir in Hannover gemeinsam eine der größten Messen der Digitalwirtschaft eröffnen.

Heute haben wir uns bei unseren Gesprächen im Wesentlichen auf die Europäische Union konzentriert. Wir sind beide der Ansicht, dass sich Europa einer existenziellen wirtschaftlichen Herausforderung gegenübersieht und dass es sich verändern muss, wenn es in der modernen Welt noch Erfolg haben will. Die wichtigste Aufgabe der Europäischen Union ist heute die Sicherung des Wohlstands und des Wohlergehens unserer Bürger. Hierfür muss die Europäische Union offener, flexibler und wettbewerbsfähiger werden. Wir wollen mit den anderen Regierungschefs zusammenarbeiten, um diese Reform durchzusetzen.

Und wir haben ja auch schon gezeigt, was möglich ist. Wir haben gemeinsam erreicht, dass der EU-Haushalt zum ersten Mal in der Geschichte gekürzt wurde, und wir haben die Europäische Kommission dazu gebracht, dass sie überlegt, wo sie Bürokratie abbauen kann. Jetzt müssen die nächsten Schritte kommen: Wir wollen den Binnenmarkt vollenden, damit unsere Unternehmen das Potenzial dieses größten Markts der Welt nutzen können, damit sie expandieren und Arbeitsplätze schaffen können; und wir wollen mehr Handelsvereinbarungen mit allen Regionen der Welt schließen. Es würde sich enorm lohnen, wenn wir zum Beispiel das Handelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der EU unterzeichnen könnten, und wir sind beide entschlossen, uns mit all unseren Möglichkeiten dafür einzusetzen.

Wir möchten auch, dass die nächste Europäische Kommission es vor allen Dingen als ihre Aufgabe betrachtet, Wachstum zu generieren. Und daraus ergibt sich ein umfangreiches Arbeitsprogramm für Reformen und Veränderungen. Wie Angela gesagt hat, werden weitere Reformen für die Eurozone notwendig sein; das sind Veränderungen, die Großbritannien unterstützt. Außerdem brauchen wir Reformen für Großbritannien, um unsere Interessen im Binnenmarkt zu schützen und damit die britische Bevölkerung unsere weitere Mitgliedschaft unterstützt.

Ich habe meine Vision für eine reformierte Europäische Union ja schon in meiner Bloomberg-Rede vor einem Jahr dargelegt. Heute haben wir ein paar der Reformideen weiterverfolgt, zum Beispiel, wie man die exzessive Einmischung der europäischen Institutionen in unser nationales Leben ändern könnte. Wir müssen auch die Interessen derer schützen, die dem Binnenmarkt, aber nicht dem Euro angehören.

Die Gespräche, die Angela und ich heute geführt haben, sind ja Teil eines ständigen Austauschs, den wir in zwei Wochen in Hannover sowie in den folgenden Wochen und Monaten fortsetzen werden. Natürlich müssen auch die anderen Regierungschefs in der Europäischen Union an dieser Diskussion beteiligt sein; bei 28 Mitgliedstaaten ist es kaum überraschend, dass dieser Prozess, wenn es zu einer Einigung kommen soll, viel Zeit, Geduld und Arbeit erfordert. Ich möchte, dass Großbritannien eine positive Rolle in diesem reformierten Europa spielt, und ich weiß, dass Angela sich ein starkes Großbritannien in dieser reformierten Europäischen Union wünscht. […]

Schließlich haben wir über die Lage in der Ukraine gesprochen, ganz klar ein Bereich, in dem sich eine enge Zusammenarbeit der EU-Staaten anbietet. Wir sind beide für eine geeinte und demokratische Ukraine, und wir unterstützen die Hoffnungen der ukrainischen Bevölkerung, in einer echten Demokratie und in einem Rechtsstaat zu leben, ohne Korruption und Einschüchterungen.

Besondere Sorge bereitet uns die Lage auf der Krim. Jedes Land sollte die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine akzeptieren. Russland hat das zugesagt, und es ist wichtig, dass es sein Wort hält. Die Welt wird die Lage im Auge behalten.

Das ist kein Nullsummenspiel. Wenn sich die Bevölkerung der Ukraine enger an Europa anschließen – und mehr Handel, mehr Kontakte haben will – dann begrüßen wir das natürlich, aber es geht nicht darum, die ukrainische Bevölkerung zu zwingen, sich zwischen Russland und Europa zu entscheiden. Wir alle haben ein Interesse an einer stabilen und wohlhabenden Ukraine, die starke Beziehungen zu ihren Nachbarn unterhält, und darauf sollten wir alle hinarbeiten, auch Russland.

Ich sollte auch noch ein paar Worte über die Situation in Nordirland sagen. Ich habe deutlich gesagt, dass im Fall John Downey vom PSNI ein sehr großer Fehler gemacht wurde, und wir schulden den Angehörigen derer, die 1982 im Hyde Park getötet wurden, unser Mitgefühl. Aber wir sollten auch klar stellen, wie sich die Dinge entwickelten. Als wir 2010 an die Macht kamen, war schon ein Prozess im Gange, bei dem Briefe verschickt worden waren, die die Sachlage dazu darstellten, ob bestimmte Personen von der Polizei befragt werden sollten oder nicht.

Dieser Prozess ging unter meiner Regierung weiter. Es ging nie um eine Amnestie oder einer Garantie für der Straffreiheit für irgendjemanden, und darum geht es auch jetzt nicht. Aber ich bin mir mit dem Ersten Minister einig, dass man dieser Sache unbedingt auf den Grund gehen muss. Der Fall liegt jetzt auch schon beim Ombudsmann für Polizeiangelegenheiten, aber wie der Erste Minister gesagt hat, brauchen wir eine vollständige, unabhängige Untersuchung.

Deshalb kann ich heute bekannt geben, dass wir einen unabhängigen Richter einsetzen werden, der die Verwaltungsvorgänge in diesem Fall vollständig aufklären und herausfinden soll, ob irgendwelche anderen Briefe irrtümlich verschickt wurden. Der Richter wird uneingeschränkten Zugang zu allen offiziellen Papieren erhalten und alle Beamten befragen können. Das muss so schnell wie möglich geschehen, damit die Untersuchung Ende Mai abgeschlossen ist, und wir werden den Bericht veröffentlichen.

Hier muss also zügig gehandelt werden. Vergessen wir aber auch nicht, dass Nordirland in der Folge des Friedensprozesses große Fortschritte gemacht hat. Wir müssen mit dem, was passiert ist, richtig umgehen, aber auch darauf achten, dass dies auf keinen Fall unsere Entschlossenheit unterminiert, der nächsten Generation eine gemeinsame erfolgreiche Zukunft zu sichern und den Schrecken der Vergangenheit ein für allemal hinter uns lassen.

Vielen Dank, Angela.

Bundeskanzlerin Merkel

Herzlichen Dank, David, für die Gastfreundschaft hier in 10 Downing Street. Vor allen Dingen war es für mich eine sehr große Ehre, vor beiden Häusern des Parlaments zu sprechen.

Ich habe dort meine Vorstellungen über die deutsch-britische Partnerschaft sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Wir haben heute hier natürlich noch einmal vertieft über die Frage gesprochen, wie wir uns Europa in den nächsten Jahren vorstellen. Hier gibt es sehr viele Gemeinsamkeiten.

Wir haben, das können Sie sich vorstellen, hier keinerlei technische Diskussion geführt, sondern wir haben uns über die Ziele unterhalten. Die Ziele heißen, dass wir Wachstum brauchen, dass wir mehr Arbeitsplätze brauchen. Das setzt voraus, dass die Länder, die in der Eurozone sind, ihre Hausaufgaben machen und diese Währungsunion in ihrer Architektur auch so stabilisieren, dass daraus eine Krisenresistenz wird, das heißt, dass zukünftige Krisen nicht jedes Mal den Euro in Schwierigkeiten bringen. Das ist auch im britischen Interesse, denn wir alle brauchen stabil wachsende Volkswirtschaften, damit mehr Arbeitsplätze entstehen.

Ich freue mich sehr, dass wir gemeinsam auf der CeBIT, bei der Großbritannien in diesem Jahr das Gastland sein wird, werden zeigen können, dass unsere beiden Länder dazu Beiträge leisten, dass wir wettbewerbsfähig sind und dass unsere Wirtschaft internationalen Herausforderungen entsprechen kann. Wir werden auch sehen, wo wir noch besser werden müssen. Deshalb freue ich mich auf den Besuch in zwei Wochen.

Wenn die EU gestärkt aus der internationalen Wirtschaftskrise hervorgehen soll, muss sie also ihre Hausaufgaben machen. Wie das im Detail aussieht, werden wir in den nächsten Wochen und Monaten weiter ausarbeiten.

Wir haben des Weiteren über den nächsten Europäischen Rat im März gesprochen. Dort werden vor allen Dingen Fragen der Energiepolitik und der Klimapolitik auf der Tagesordnung stehen, und hier gibt es eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und Großbritannien.

Wir haben natürlich auch über die internationale Agenda gesprochen und hier insbesondere über das Thema „Ukraine“. Das ukrainische Parlament hat heute mit großer Mehrheit Arseni Jazenjuk zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Ich habe Respekt vor der Aufgabe, die er und seine neue Regierung übernehmen. Wir wünschen ihm nicht nur viel Kraft für diese Aufgabe, sondern ich glaube, das darf ich für unsere beiden Länder sagen wir werden alles tun, um diese Regierung zu unterstützen, denn sie hat natürlich erhebliche ökonomische Schwierigkeiten, die ohne Reformen nicht zu lösen sein werden.

Hier wird es auch eine Zusammenarbeit mit dem IWF geben. Wir hoffen, dass sich gerade Russland für diese Zusammenarbeit im IWF, wo wir ja alle Mitglieder sind, genauso bereithält.

Das Thema der territorialen Integrität der Ukraine ist für uns ein zentrales Thema, aber in meinen Gesprächen mit dem russischen Präsidenten habe ich immer wieder gesehen, dass auch Russland das genauso sieht. Deshalb geht es jetzt sehr darum, dass wir genau diese territoriale Integrität erhalten, dass die ukrainische Regierung ihre Arbeit aufnehmen kann und dass sich auch alle Teile der Ukraine in der Arbeit dieser Regierung wiederfinden.

Wir wissen, dass etwa 15 Millionen Menschen russischer Herkunft in der Ukraine leben. Sie müssen sich genauso in den Arbeiten der Regierung wiederfinden, wie das für alle anderen gilt. Das wird für die Zukunft der Ukraine von großer Bedeutung sein.

Insgesamt noch einmal ganz herzlichen Dank! Es war hier heute über eine normale Begegnung hinaus ein ganz besonderes Erlebnis. Deshalb bedanke ich mich auch in ganz besonderer Weise.

Frage

Frau Bundeskanzlerin, Sie wissen sicherlich inzwischen, was der Premierminister an Reformen braucht, um seine „backbencher“ glücklich zu machen. Glauben Sie, dass es da auch wirklich eine Chance gibt und es erreichbar ist, diese Reformen durchzuführen? Und Sie haben in Ihrer Rede auch über Freizügigkeit gesprochen. In dem, was Sie dazu gesagt haben, haben Sie ja angedeutet, dass es gewisse Fehler gab. Welche Fehler sehen Sie da, und was, denken Sie, kann man tun, um diese Fehler in der Zukunft zu beheben?

Herr Premierminister, kann ich auch noch eine Frage an Sie stellen? Sollten Sie nicht endlich zugeben, dass Sie das, was Sie von der Bundeskanzlerin haben wollen, nicht bekommen?

Premierminister Cameron

Wir hatten während des Mittagessens ein hervorragendes Gespräch. Schauen Sie, Angela und ich möchten beide Veränderungen für Europa. Wir glauben beide, dass solche Veränderungen möglich sind. Und ich denke, dass das, was ich vorschlage, die Reformen, die Großbritannien sich wünscht, damit das Vertrauen in unsere Mitgliedschaft wächst, möglich und realisierbar sind […]

Was das Thema Freizügigkeit anbelangt, habe ich ja mehrfach erläutert, wie sie meiner Meinung nach in Form von Sozialtourismus missbraucht wird. Sie wissen, dass sich das ändern muss; das ist eines der Dinge, die ich geändert haben will. Und darüber habe ich auch mit Angela gesprochen; und auch mit Mark Rutte in Holland, mit Fredrik Reinfeldt in Schweden und vielen anderen. Ich bin deshalb sehr zuversichtlich, dass die Veränderungen, über die wir reden, durchgesetzt werden können und in den kommenden Jahren auch durchgesetzt werden. Aber Entschuldigung, Angela, ich habe da vorgegriffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel

Als wir vor etlichen Monaten die Fragen eines europäischen Budgets für die Zeit von 2014 bis 2020 diskutiert haben, habe selbst ich nicht ganz genau gewusst, ob wir das schaffen werden, denn das schien ziemlich unüberwindlich. Dass wir es dann doch geschafft haben, hat uns gezeigt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg das sagt man jedenfalls in Deutschland. Ich glaube ganz fest, dass die Dinge, die wir jetzt zu besprechen haben, auch machbar sind. Ich finde, es ist wichtig, dass wir erst einmal die politischen Ziele definieren. Das macht David Cameron, das mache ich.

Nehmen wir einmal das Thema der Freizügigkeit: Ich bin eine große Unterstützerin der Freizügigkeit und habe das heute auch gesagt. Aber wenn wir plötzlich feststellen müssten, ich muss im Konjunktiv sprechen, weil es noch eine Klage beim Europäischen Gerichtshof gibt, über die nicht abschließend entschieden worden ist, die jetzt aber im März auch in einer mündlichen Anhörung behandelt werden wird , dass aus der Freizügigkeit folgt, dass jeder, der in Europa Arbeit sucht, eine Möglichkeit hat, nach Deutschland zu kommen und dort die gleiche Unterstützung zu bekommen wie jemand, der in Deutschland langzeitarbeitslos ist und natürlich nach 20, 30 oder 40 Jahren Berufstätigkeit ein bestimmtes soziales Niveau bekommt, dann wäre das nicht die Interpretation von Freizügigkeit, die ich mir vorstellen würde.

Das heißt also, wir müssen schauen: Passiert hier etwas ganz anderes? Kann es hier zu einer Zuwanderung in soziale Sicherungssysteme kommen? Das wird keines unserer Länder schaffen, weil wir keine Sozialunion, sondern sehr unterschiedliche soziale Systeme haben. Auf ein ähnliches Lebensniveau können wir nur kommen, indem wir Wachstum und Jobs in allen Mitgliedstaaten kreieren, aber nicht, indem wir sozusagen die Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme möglich machen. Das beschäftigt uns in Deutschland genauso wie Sie in Großbritannien.

Deshalb muss man schauen: Kann man das durch die Veränderung von deutschen Gesetzen erreichen, oder brauchen wir hierfür eine Anpassung oder Spezifizierung zum Beispiel der Freizügigkeitsrichtlinie? Wenn wir uns aber einig sind, dass wir die freie Berufswahl in ganz Europa, aber keine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme wollen, dann werden wir dafür auch eine Lösung finden. So muss man, glaube ich, an die Dinge herangehen.

Ich glaube, die von Großbritannien geforderten Dinge reflektieren zum Teil auch, dass wir Deutschen Mitglied im Euroraum sind und dass Großbritannien das nicht ist und auch nicht sein will. Aber wenn man das akzeptiert, dann kann man natürlich Lösungen für die Bedürfnisse finden. Wenn man daran denkt, dass die Mehrheit aller europäischen Länder im Euroraum ist, dann sieht man, dass wir völlig andere Mehrheitsverhältnisse haben. Daher muss man, wie wir es jetzt auch bei der Bankenregulierung gemacht haben, natürlich fragen: Wie behandle ich denn die Länder, die da kein Mitspracherecht haben? Diese Länder darf man natürlich nicht systematisch bzw. systemisch benachteiligen.

Solche Fragen kann man sehr gut bearbeiten; ich glaube daran. Das ist jetzt aber auch kein Spaziergang, das wird durchaus harte Arbeit sein. Wir haben in Europa aber schon oft hart gearbeitet. Wenn man möchte und das möchte ich , dass Großbritannien Mitglied der Europäischen Union bleibt, und wenn man gleichzeitig möchte, dass diese Europäische Union wettbewerbsfähig ist und Wohlstand kreiert, dann kann man gemeinsame Lösungen finden.

Frage

Wäre es wichtig für Sie, dass konservative Europaabgeordnete nicht in derselben Gruppe im Europäischen Parlament sitzen wie eventuelle Abgeordnete der Alternative für Deutschland? Sie sind nicht in derselben…?

Premierminister Cameron

Die konservativen Mitglieder sind ja in der ECR-Fraktion im Europäischen Parlament, eine sehr erfolgreiche Fraktion. Ich bin stolz auf die Bildung dieser Fraktion, und die Konservativen werden darin bleiben. Was neue Parteien angeht, die sich dieser Fraktion anschließen: Wir haben ja eine Schwesterpartei in Deutschland, die CDU/CSU; wir suchen also keine neue Schwesterpartei. Insofern sehe ich nicht, dass diese Situation tatsächlich eintreten kann. Ich habe Angela ja schon gesagt: Wenn sie sich unserer Gruppe anschließen möchte, ist sie immer willkommen.

Frage

Aber Sie werden keine Zusage machen – die Frage war eine andere. Sie werden Ihre Kandidaten nicht verpflichten –

Premierminister Cameron

Meine Kandidaten werden immer der ECR angehören und wir suchen in dieser Gruppe nicht nach neuen deutschen Schwesterparteien.

Bundeskanzlerin Merkel

Wir haben jetzt noch nicht einmal mit dem Wahlkampf angefangen, geschweige denn ihn geführt. Deshalb: Ich kämpfe für die CDU und freue mich, dass die Tories uns als Schwesterpartei anerkennen und sehen. Wir sehen das mit Blick auf Großbritannien ganz genauso. Deshalb arbeite ich erst einmal dafür, dass unser Ergebnis stark wird. Dass David Cameron mir dabei hilft, ist eine Unterstützung.

Frage

Herr Premierminister, kann ich noch eine Frage zu Nordirland stellen? Manche möchten vielleicht wissen, ob Sie glauben, dass das Verfahren selbst – dass man diese Briefe vorgelegt hat, nicht, was im Old Bailey geschehen ist – dass das Verfahren selbst ein schrecklicher Fehler war oder aber ein notwendiger Kompromiss für den Friedensprozess.

Und Frau Bundeskanzlerin, stimmt es, dass Sie David Cameron als einen ungezogenen Neffen betrachten, dem Sie gerne helfen möchten? Die größte Hilfe für ihn wäre vielleicht, wenn Sie kategorisch versichern würden, dass es einen fertigen Grundvertrag geben wird, den er dann 2017 dem britischen Volk vorlegen kann? Ist das ein realistischer Zeitplan? Können Sie ihm das zusichern?

Premierminister Cameron

Vielleicht darf ich zunächst die Frage zu Nordirland beantworten. Der Fehler – und das war ein großer Fehler – war, dass Herr Downey einen Brief bekam, in dem stand, dass man ihn nicht wegen bestimmter Verbrechen suchte, obwohl das so war. Das war ein großer Fehler, und das habe ich auch im Unterhaus gesagt. Aber ich denke, der Fehler war so groß, dass wir nun absolut sichergehen müssen, dass nicht noch mehr Briefe irrtümlich verschickt wurden. Deshalb wird die Sache nicht nur vom Ombudsmann untersucht, sondern auch in der größeren Untersuchung, die ich angekündigt habe und die Peter Robinson sicher begrüßen wird. Ich glaube, das ist wichtig.

Nun zum Verfahren: Zur Zeit des Karfreitagsabkommens und während des Friedensprozesses sind sehr, sehr schwierige Beschlüsse gefasst worden, und ich möchte jetzt alle diese schwierigen Beschlüsse nicht auseinandernehmen oder in Frage stellen. Ich möchte ein Premierminister sein, der die Arbeit der Institutionen in Nordirland, den Frieden und Fortschritte in Nordirland unterstützt. Ich möchte aber auch klar und deutlich sagen, dass diese Briefe keine Form von Amnestie waren und sein dürfen – und deshalb ist dieser Bericht so wichtig.

Bundeskanzlerin Merkel

Ich will vielleicht noch einmal darauf hinweisen, wie unsere Zusammenarbeit funktioniert: Wir sind als 28 Regierungschefs in einem Europäischen Rat, und wir stimmen einstimmig ab. Das heißt, ein Ergebnis für alle von uns 28 gibt es nur, wenn alle 28 Ja sagen. Das bedeutet, dass jeder von uns die Interessen seines Landes vertritt, das tue ich, das tut David Cameron, und das tun die 26 anderen im Übrigen auch. Damit müssen wir leben.

Dann ist die Aufgabe, immer abzuschätzen: Ist der Kompromiss, den wir naturgemäß eingehen müssen, so beschaffen, dass für uns als Vertreter unserer Länder die Vorteile gegenüber den Nachteilen überwiegen? Wenn ich das bejahen kann, dann gehe ich diesen Kompromiss ein und genauso gehen David Cameron und François Hollande ihn ein.

So haben wir schon viele heiße Eisen einer Lösung zugeführt, und so werden wir auch für die Zukunft arbeiten. Deshalb ist unsere Zusammenarbeit ein Teil der gesamteuropäischen Zusammenarbeit. Es ist für mich selbstverständlich, dass David Cameron die Interessen von Großbritannien vertritt, und es ist für David Cameron selbstverständlich, dass ich die deutschen Interessen vertrete. Das Gute an unserer Zusammenarbeit ist, dass wir bis jetzt immer eine Lösung gefunden haben.

Frage

Sie sind ja heute ein bisschen empfangen worden wie die Königin von Europa. Ein solch roter Teppich ist einem Regierungschef hier schon lange nicht mehr ausgerollt worden. Hat Sie das im Vorhinein selbst persönlich überrascht? Wie gehen Sie mit den Erwartungen um, die damit natürlich verbunden sind? Eine entsprechende Frage kam ja eben auch schon von englischer Seite.

Bundeskanzlerin Merkel

Ich bin in einem Land empfangen worden, das eine Königin hat und sehr stolz darauf sein kann. Ich freue mich auf den Tee bei der Königin. Ansonsten habe ich mir extra einen blauen Blazer angezogen, um dem roten Teppich etwas entgegenzusetzen.

Premierminister Cameron

Vielen Dank, dass Sie gekommen sind, und vielen Dank Angela.

Veröffentlicht am 27 February 2014