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Der Prinz von Wales würdigt in Berlin die engen deutsch-britischen Beziehungen

Rede Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen von Wales anlässlich der Queen’s Birthday Party am 7. Mai 2019 in Berlin.

Der Prinz von Wales in Berlin

Der Prinz von Wales in Berlin

Exzellenzen, meine Damen und Herren,

es ist mir eine große Freude, wenn ich das sagen darf, heute Abend hier zu sein, um mit so vielen Gästen den Geburtstag Ihrer Majestät der Königin zu feiern. Sie hat mich gebeten, Ihnen ihre herzlichsten Grüße zu übermitteln. Es ist auch wirklich ein besonderes Vergnügen, wieder einmal in Berlin zu sein. Besonders als Großvater eines neu geborenen Enkels.

Bei diesem erneuten Besuch hier ist mir bewusst geworden, dass ich keinen Ort kenne, an dem die Geschichte gegenwärtiger oder bedeutsamer wäre. In Berlin wird die Erinnerung daran lebendig, wie viel dieses Land und dieser Kontinent zu unseren Lebzeiten und denen unserer Eltern und Großeltern durchgestanden haben.

Bei meinem ersten Besuch 1972 war Berlin eine geteilte Stadt – ein Symbol für einen durch den Krieg zerrissenen Kontinent, mit hässlichsten Narben, die – so schien es damals – vielleicht niemals heilen und niemals verblassen würden. Es war auch ein Symbol für die Freiheit und die Zusammenarbeit des Westens gegen die sowjetische Aggression. In den vergangenen Jahrzehnten hat Europa einen außerordentlichen Wandel erlebt, und Berlin ist zu einem stolzen Statement für das geworden, was wir erreicht haben und für die unbeirrte Hoffnung früherer, jetziger und künftiger Generationen. Berlin ist heute nicht nur Ihre Hauptstadt, sondern auch unser langjähriges, gemeinsames Projekt. Es ist eine eindringliche Mahnung an uns, nichts für selbstverständlich zu betrachten, und dass die Geschicke von uns allen, die wir diesen kleinen Kontinent miteinander teilen, heute wie schon seit Jahrhunderten durch Myriaden von Verbindungen aufs Engste verwoben sind.

Für manche von uns haben diese Verbindungen natürlich einen ganz persönlichen Charakter. Meine zahlreichen familiären Verbindungen und Beziehungen zu Deutschland, wie auch zu so vielen anderen Teilen Europas, reichen Generationen zurück. In diesem Jahr zum Beispiel feiern wir den zweihundertsten Geburtstag meiner Urururgroßeltern Königin Viktoria und Prinz Albert, die beide 1819 geboren wurden – ein Anlass, den wir mit Ausstellungen, Konzerten und Jugendaustauschprogrammen begehen, sowie mit Partnerschaften zwischen der Stadt Coburg und britischen Institutionen wie dem Victoria and Albert Museum, der Royal Choral Society und English Heritage.

Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha war ein wirklich bemerkenswerter Mann, der in seinem allzu kurzen Leben großen Einfluss auf die Künste, Wissenschaft, Handel und Industrie in Großbritannien hatte. Meine Familie verdankt ihm nicht nur verwandtschaftliche Beziehungen zum heutigen Deutschland, die wir immer noch wertschätzen, sondern auch eine Affinität zur deutschen Kultur und Tradition, und den Wunsch, diese Gemeinsamkeit über nationale Grenzen hinweg zu bewahren. Sein unermüdliches Engagement ist auch heute noch von Bedeutung für uns: er setzte sich für die Rechte der Arbeiterschaft und die Abschaffung der Kinderarbeit in Großbritannien ein, und wir verdanken ihm sogar die Tradition eines geschmückten Weihnachtsbaums zu Hause.

Meine Familie ist keineswegs die einzige, die diese Verbindungen verkörpert. Die Menschen in Großbritannien sind seit Jahrtausenden eng verbunden mit denen in Deutschland und auf dem übrigen europäischen Festland. Wir sind seit langem fasziniert voneinander: wir bewundern gegenseitig unsere Literatur und Musik; wir lassen uns von den Ideen der anderen inspirieren; und durch den Handel, der unser beider Wohlstand fördert, sind wir wirtschaftlich aufeinander angewiesen.

Trotz all der bitteren Konflikte, die tragischerweise im letzten Jahrhundert eine so beherrschende Rolle spielten, haben die Bürger unserer beiden Länder immer wieder Solidarität füreinander bewiesen. So zum Beispiel vor achtzig Jahren, 1938 und 1939, als Tausende jüdischer Kinder im Rahmen der Kindertransporte in das Vereinigte Königreich gebracht wurden, um den Nazis zu entkommen und ein neues Leben in Großbritannien zu beginnen. Oder vor siebzig Jahren, als die Deutsch-Britische Gesellschaft als Motor für den Austausch und Dialog zwischen unseren Ländern gegründet wurde und seitdem floriert. Oder als britische Flugzeuge, ebenfalls im Jahr 1949, im Rahmen der Berliner Luftbrücke – einer Idee des britischen Luftwaffengenerals Rex Waite – bei 175.000 Flugeinsätzen 30 Millionen Meilen zurücklegten und fast die Hälfte aller Lebensmittel, die bei dieser einzigartigen humanitären Operation transportiert wurden, nach Berlin flogen.

Heute sind wir viel mehr als nur Nachbarn: wir sind Freunde und natürliche Partner, verbunden durch gemeinsame Erfahrungen, gemeinsame Interessen und gemeinsame Werte, und tief in unsere beiderseitige Zukunft eingebunden.

Alljährlich reisen zwei Millionen Briten nach Deutschland und drei Millionen Deutsche in das Vereinigte Königreich. Über zweihunderttausend Bürgerinnen und Bürger leben im jeweils anderen Land. Unsere Universitäten unterhalten engste Forschungskooperationen, und Zehntausende junger Menschen entscheiden sich für ein Studium an einer der Weltklasse-Universitäten im jeweils anderen Land. Unsere Volkswirtschaften sind eng miteinander vernetzt, und das bilaterale Handelsvolumen zwischen unseren Ländern beläuft sich auf 150 Mrd. Euro pro Jahr. Tatsächlich feiert die Britische Handelskammer in Deutschland in diesem Jahr ihr hundertjähriges Bestehen, ein Sinnbild für die Beständigkeit unserer wirtschaftlichen Beziehungen.

Auf der Weltbühne arbeiten Großbritannien und Deutschland zusammen, um die regelbasierte internationale Ordnung aufrechtzuerhalten. Wir stehen beide zum Pariser Klimaabkommen und sind Vorreiter bei den internationalen Anstrengungen zur Reduzierung der Emissionen. Gerade dies ist ein überaus wichtiger Aspekt unserer gemeinsamen Herangehensweise an globale Fragen, zumal sich immer deutlicher abzeichnet, dass die Folgen des Klimawandels schneller eintreten und katastrophalere Ausmaße haben, als wir vorhergesehen hatten. Meine Damen und Herren, ich für meinen Teil denke zumindest, dass wir klug daran täten, unsere diesbezüglichen Anstrengungen zu verstärken, vor allem angesichts der Chancen, die sich im nächsten Jahr ergeben, wenn wir das Pariser Abkommen, die Ziele für nachhaltige Entwicklung und die Biodiversitätskonvention überarbeiten und, wie ich hoffe, stärker machen. Außerdem können wir in diesem Jahr, da der größte Teil der britischen Streitkräfte aus Deutschland abgezogen wird, stolz sein auf unsere Verteidigungspartnerschaft und auf alles, was wir miteinander zur Förderung unserer gemeinsamen Sicherheit leisten.

Unsere Beziehungen haben eine große Bandbreite, weil wir einander brauchen, aber sie sind auch tief und stark wegen der Zuneigung und Achtung, die wir füreinander empfinden.

Unser Verhältnis zueinander ist im Wandel begriffen. Aber wie auch immer es in Zukunft aussehen mag, und was auch immer zwischen den Regierungen und Institutionen ausgehandelt und vereinbart werden mag – für mich ist klarer denn je zuvor, dass die Bande zwischen uns Bestand haben müssen und werden – und dass unsere Jugend und die künftigen Generationen ebenso viel Grund haben werden, diese Verbindungen wertzuschätzen, wie unsere Generation.

Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich felsenfest und von ganzem Herzen zu den Beziehungen zwischen Großbritannien und Deutschland stehe. Ich bemühe mich seit vielen Jahren, meinen kleinen Beitrag zur Förderung der Verbindungen zwischen unseren Ländern zu leisten, sei es im militärischen Bereich, oder durch die Kunst und Kultur, durch meine Schirmherrschaft über den Wörlitzer Park in Sachsen-Anhalt, den ich diese Woche zu meiner Freude erstmals besuchen werde; oder durch die Arbeit meiner Stiftung Prince’s Foundation, mit der ich Projekte wie die Restaurierung des bemerkenswerten Fachwerk-Amtshofes aus dem 16. Jahrhundert in der Stadt Treffurt fördere. Solche Initiativen, ob groß oder klein, und wer auch immer dahinter steht, bringen uns zusammen und halten uns zusammen.

Exzellenzen, meine Damen und Herren, unsere Länder und unsere Völker haben gemeinsam so viel durchgestanden. Mit Blick auf die Zukunft hoffe ich sehr, dass wir uns auch versprechen werden, uns noch stärker füreinander und für die Bande zwischen uns einzusetzen.

So können wir dafür sorgen, dass es auf unserem Kontinent nie wieder zu Spaltungen und Konflikten wie in der Vergangenheit kommt, dass wir gemeinsam eine unentbehrliche Kraft des Guten in unserer Welt bleiben, und dass die Freundschaften und Partnerschaften, die uns verbinden, auch in Zukunft Chancen für uns alle eröffnen.

Vielen Dank.

Veröffentlicht am 8 May 2019